Ich suchte. Keine Drogen, sondern Videomaterial von Adventure und Offroadtrips auf Youtube. Habe ich mich erst in ein Thema verbissen, kenne ich keine Gnade mehr. Ich ziehe mir einfach alles rein, was annähernd meinen Drang nach Abenteuer befriedigt. Allerdings komme ich langsam an einen Punkt, wo es nicht mehr so viel Auswahl gibt (oder ich nutze einfach die falschen Keywords) und die Qualität des von mir gewählten stark nachlässt. Ich merke das daran, dass ich mittlerweile bei Ewan McGregors ‚Long Way Round‘ – Trip um die halbe Welt angekommen bin. Was für eine Enttäuschung.
Bereits vor ein paar Jahren hatte ich davon gehört, dass der schottische Schauspieler (‚Trainspotting‘; ‚Star Wars‘) 2004 eine solche Tour über drei Monate unternommen hatte. Wow, dachte ich, was für ein cooler Typ. Langsam konnte ich ihn mir als kommenden James Bond Darsteller wirklich vorstellen. Immerhin hat er einen leichten Rotschimmer in seinen Haaren, was uns praktisch zu genetischen Verwandten macht. Nun, einige viele Jahre später und mittlerweile selbst mit Klasse A Lizenz zum unbegrenzten Biken ausgestattet und auf der Suche nach fremden Abenteuern, die ich testweise am Bildschirm miterleben wollte, stieß ich dann wieder auf Ewan und seine Tour mit seinem Freund und Schauspielkollegen Charlie Boorman. Erste Überraschung war nicht, dass er – uncool – eben jenen Kumpel mit auf die Reise nahm, statt sich einsam und allein durch den Schlamm und die Einöde der Mongolei zu wühlen, sondern das dieses Erlebnis so aufdringlich vermarktet wurde.
Gepuderter Offroad-Spaß
Klar Youtuben war damals noch nicht sooo hip. Bear Grylls Survival Style, mit einem unsichtbaren Kameramann als treuen Begleiter, könnte ich ja irgendwie noch nachvollziehen. Aber ein komplettes Produktionsteam, welches sich um jedes noch so kleine Detail kümmerte, während Ewan und Charlie anschließend nur noch abnickten oder kurz ausprobierten? Wo bleibt da der Spaß? Erste Hilfe, check. Selbstverteidigung, check. Wie fahre ich Offroad, check. Zumindest bei Charlie, der als Kind Motorcrossrennen fuhr. Ewan hielt sich zumeist nur Sekunden im Sattel. Gerade, wenn es um so schwierige Sachen ging, wie langsam im Kreis fahren. Wohlgemerkt ohne Ladung, sprich Gepäck. Wahnsinn!
Kein Neid, nur Unverständnis
Nun bitte nicht falsch verstehen. Timbox.tv will ja auch die Sicht eines Adventure-Einsteigers zeigen und ich bin gewiss kein Profi. Aber, wenn ich Situationen ansehen muss, wie in einer der ersten Folgen, wo KTM – die von Charlie bevorzugte Marke für den Trip und von mir als Basis der Husqvarna Svartpilen als Citybike geliebt – per Telefon mit dem Hinweis, sie trauen Ihnen den Trip nicht zu, eine Kooperation absagt, und in deren Folge alle – also neben den Hauptakteuren mindestens vier Assistentinnen, der Producer, der Executive-Producers, der Kameramann, der Milchmann – fassungslos sind, als würde nun die komplette Reise nicht stattfinden können, kann man nur den Kopf schütteln. Wird der Trip ernsthaft an so etwas scheitern? Was kostet so eine KTM? Immerhin seit 2003 Seriensieger bei Paris Dakar, bzw. heute nur noch als Rally Dakar in Südamerika unterwegs. Maximal 10.000 Euro? Lass es mit Umbauten 15.000 Euro sein und das dann Doppelt. Klar, viel Geld…… aber für jemanden der gerade als Obi Wan Kenobi in Star Wars mitspielte?
Eigeninitiative bei Nullprozent
Versteht mich nicht falsch, es geht mir hier nicht um «der hat Kohle und wir hier unten», keineswegs, aber ich frage mich natürlich, warum die sich nicht einfach eine Maschine kaufen. Oder drei, denn auf der Tour werden die beiden stets von zwei vollbeladenen Begleitfahrzeugen – Sponsoring von Mitsubishi (waren gleich am nächsten Tag nach Zusage da) – unterstützt, die nebenbei noch ein Ersatzrad geladen haben und überhaupt den ganze Papierkram bei Grenzübertritten übernehmen. Das nenn ich Service. Letztendlich agieren Ewan und Charlie so wie Schauspieler es tun, sie kriegen ne Ansage, was wann und wie zu machen ist und dann machen sie das. Nicht mehr und nicht weniger. Eigeninitiative bei Nullprozent. Ernüchternd, denn trotzdem reagieren sie so, als wären sie wirklich alleine unterwegs und hätten krasse Probleme.
KTM oder BMW? Hauptsache umsonst
Als Medienmensch kenne natürlich den Wert von Sponsorings und verstehe den Hintergedanken, bzw. weiß ich wie Scheiße es ist, wenn man mit etwas rechnet, sich mental schon drauf einsteigt und dann wird es nichts. Könnt ich lange Geschichten von erzählen. Mache ich vielleicht auch mal an dieser Stelle. Ich finde allerdings, dass es ein Unterschied ist, ob ein erfolgreicher Hollywoodschauspieler, an ein solches Geschäft gebunden ist um seine Träume zu verwirklichen oder eben unser einer. Die Träume und die Sehnsucht danach stelle ich keinem der beiden ‚Long Way Round‘ Protagonisten in Abrede. Sie sind unterwegs. Drei Monate. Weg von der Familie. Durch fremde Welten. Mein vollster Respekt.
First World Problems
Zu Ewan’s und Charlie’s Schutz muss gesagt werden, dass beide in keiner Weise unsympathisch oder abgehoben daherkommen. Im Gegenteil, ich glaube man würde sich ganz gut verstehen. Befremdlich finde ich eben nur, wie sehr jemand, der mittlerweile finanziell weich genug fallen dürfte, trotzdem noch das Drama des Scheiterns aufgrund von preislich überschaubaren Sachgegenständen als existenziell bedrohlich betrachten kann. First World Problems. 2007 folgte schließlich ‚Long Way Down‚. Von London nach Südafrika ans Kap der Guten Hoffnung. Und seit September 2020 ist das Duo nun mit ‚Long Way Up‘ auf Apple TV+ unterwegs. 15.000 Meilen mit Prototypen der Livewire E-Bikes von Harley Davidson. Diesmal geht es von Feuerland bis Los Angeles. 10 von 12 Folgen sind bereits online. Wie sich die beiden Schauspieler – und ihr ‚altes‘ Team – auf der aktuellen Tour schlagen? Klickt mal rein. Meine Meinung dazu dann vielleicht auch an dieser Stelle.
Ich frage mich ob sie die Sendung/Serie tatsächlich gesehen haben. Hier wird einiges vermischt. Btw. fand Long way round 2004 statt. Oder meinten sie doch den Trip nach Süd Afrika?
Hallo Marco, die Frage kann ich beantworten. Ja, denn sonst hätte ich mir nicht die Mühe gemacht den Text zu schreiben. Beim Jahr habe ich mich allerdings vertan. Haste Recht. Ist korrigiert. Übrigens, so mit einiger Zeit Abstand und den Vergleichen zu LWD und LWU und einem erneuten Schauen, finde ich LWR als Staffel am gelungensten. Gerade im Vergleich zur aktuellen Staffel, die mir etwas zu durchproduziert ist, also noch krasser, als ich es bei LWR empfand. Empfehle übrigens ‚972 Breakdowns‘ als Motorrad Reisefilm. Eine Gruppe Kunststudenten geht mit Urals auf Weltreise. Mal ganz anders und echt krass.
[…] über Mexiko nach Los Angeles. 100 Tage On The Road. Dabei mussten 13 Jahre nach dem letzten ‚Long Way‘ Trip die BMWs der elektrofizierten Livewire von Harley Davidson weichen. Ein nachhaltiges […]