Long Way Up, Ewan McGregor, Charley Boorman, Motorbike
Screenshot: Apple TV+

Review: Long Way Up| Ewan & Charley die Dritte

in Off the Road

Ewan McGregor und sein Kumpel Charley Boorman waren im vergangenen Jahr erneut auf großer Reise. Long Way Up. Von Feuerland hoch durch Süd- und Mittelamerika über Mexiko nach Los Angeles. 100 Tage On The Road. Dabei mussten 13 Jahre nach dem letzten ‚Long Way‘ Trip die BMWs der elektrofizierten Livewire von Harley Davidson weichen. Ein nachhaltiges Vergnügen? 

Ich habe mich gefreut, als ich von einer erneuten Long Way Staffel hörte. Diesen September war es endlich soweit. ‚Long Way Up‘ feierte seine Premiere auf Apple+. Sieht man sich im Vorfeld nochmal auf die Vertriebswege der ersten beiden Staffeln – lineares TV und DVDs – wird einem klar, dass die Vorgängerstaffeln aus einer anderen Zeit stammen. Dies fällt einem auch direkt bei der ersten Folge von Long Way Up auf, denn speziell Charley Boorman ist wirklich krass gealtert. Ich empfehle hier auch den Blick auf sein 2006er ‚Long Way‘ – Zwischenabenteuer ‚Race to Dakar‘ (findet ihr auf Youtube), wo er daran arbeitete fit für die berüchtigtste Rallye der Welt zu werden.

Bodymassindex mangelhaft

Was ihm auch teilweise gelang. Nun 2020 (oder eher 2019 im Produktionsjahr) hat er diesen Kampf 2020 offensichtlich verloren. Klar, das Alter macht vor niemanden Halt. Schlimmer noch, Charley hat im Vorfeld der 3. Staffel einen schlimmen Motorradunfall, der auch locker mit einem Nachruf an dieser Stelle hätte enden können. Glücklicherweise ist alles halbwegs gut gegangen, sieht man mal von gebrochen Rippen und Beinen ab. Nun schleppt er sich in der ersten Folge – und auch den weiteren – wie ein alter Mann (was er mit seinen 54 Jahren langsam auch wird) daher. Er humpelt stark und hat jeden Schwung in der Hüfte verloren. Charley ist in dieser Staffel das Gegenteil von dynamisch. 

Wiedersehen nach 13 Jahren?

Der Unfall scheint nun auch einer der Gründe für die 3. Staffel gewesen zu sein. Nach Ewans Aussage haben sich Charley und er über die Jahre etwas aus den Augen verloren. Nun hat Charleys Unfall aber aufgezeigt, wie schnell es vorbei sein kann. Aber was ist, neben der Familie, wichtiger, als Zeit mit alten Freunden zu verbringen? Nichts. Infolge dessen ist es zur Wiederaufnahme des ‚Long Way‘ – Reiseformats gekommen. Diesmal nicht Round oder Down, sondern Up.

Von Feuerland bis Los Angeles

Long Way Up, Ewan McGregor, Charley Boorman, Motorbike
Screenshot: Apple TV+

Der Clou der diesjährigen Staffel, statt ’normale‘ Benzinbetriebene Motorräder geht es mit Elektrobikes an den Start. Genauer, mit Harley Davidson’s Version einer fossilfreien Antriebsart, der Livewire. Ein Bike, welches in diesem Jahr auf den Markt gekommen ist und mit 34.000€ zu Buche schlägt. Der Wechsel zu umweltfreundlichen Antrieben ist teuer. Für ‚Long Way Up‘ wurden extra zwei Prototypen angefertigt und den Erfordernissen einer Abenteuerreise angepasst. Zumindest optisch, denn mit absolut Null Erfahrungswerten eines solchen Elektrobikes auf einer Reise wie dieser,  ist das anpassen eher kosmetischer Natur. 

How long…. tragen die inneren Werte?

Bezogen auf die technischen Anforderungen einer 15.000 Meilen Reise, ist die Frage der Reichweite und der Ladestationen auf der Strecke eine tragende. 120 Meilen schaffen die Livewires bevor sie an Netz müssen. Keine wirkliche Fernreisedistanz. Und welches Netz? Man kann die Maschinen zwar an ein normales Stromnetz anschließen, braucht dann aber ein stabiles und hat keine Garantie, dass es funktioniert. Zudem dauert eine Beladung durch das örtliche Stromnetz mehrere Stunden. Keine Zustand für eine ambitionierte Reise, die in einem zeitlichen Rahmen von 100 Tagen stattfinden soll. Schnellladestationen wären eine Lösung. Aber woher nehmen?  

Long Way Up, Ewan McGregor, Charley Boorman, Motorbike
Screenshot: Apple TV+

Strom, wir brauchen Strom!

Wer nicht bereits bei Harley Davidson und sein neuestes Öko-Flaggschiff an zeitgemäßes Product Placement dachte, der dürfte spätestens mit dem Einstieg von SUV Anbieter Rivian in das ‚Long Way Up‘ Abenteuer nun endlich wissen, wie es um die 3. Staffel bestellt ist. Rivian ist ein amerikanisches Start-up, welches vor zwei Jahren erstmals seinen Elektroversion eines SUV’s vorstellte. Zugegeben, recht schick. Ich habe mich damals in deren Newsletterliste eingetragen. Daher war ich freudig überrascht, sie an dieser Stelle erstmals im Einsatz zu sehen. Auch bei den Rivians handelt es sich um zwei Prototypen mit denen die Backcrew um die Produzenten Russ Malkin und David Alexanian den beiden Motorradabenteurern folgen.

Danke an unsere Sponsoren & Partner

Auch hier steht natürlich das Ladethema an erster Stelle. Die Rivian Leute haben dafür eine einfache Lösung: Sie schlagen dem Long Way Up Team vor 12.000 Ladestationen entlang der geplanten Strecke zu bauen. Problem solved! American Style. Spätestens hier ist es dann mit dem Nachmachen vorbei. Ich denke jeder Abenteurer kann den einen oder anderen Sponsor an Bord bringen, aber hier befinden wir uns nun auf einem etwas anderem Niveau. Und genau da liegen für mich auch die Probleme der 3. Staffel.

Es geht, gerade in den ersten Folgen, nur um Sponsoren. Entschuldigung, Partner.

Klar, warum Geld ausgeben, wenn man es auch umsonst bekommt? Habe ich prinzipiell auch nichts gegen – gerade bei dem Aufwand der hier betrieben wird. Das war auch in den vergangenen Staffeln nicht anders, wir erinnern uns an das KTM Thema der 1. Staffel. Dennoch, meiner Meinung nach geht hier aber der Charme der Reihe verloren. Diesen zieht die Sendung aus dem der Beziehung zwischen Ewan and Charley und ihrer Freude am Fahren und dem neu erleben und entdecken. In ‚Long Way Up‘ wirkt es übertrieben geschäftsmäßig. Belstaff macht übrigens die Kleidung, ach was, gleich eine ganze ‚Long Way Up‘ – Kollektion. Schaut doch mal rein.

Supportteam – Von der Neben- zur Hauptrolle

Long Way Up, Ewan McGregor, Charley Boorman, Motorbike
Rivian hat schicke Elektroautos. – Screenshot: Apple TV+

Das merkt man vor allem auch daran, dass das Supportteam immer mehr in den Fokus rückt. Der Claim: Man trifft sich an den Grenzen und abgesehen davon sind die Motorräder auf sich allein gestellt, verliert bei ‚Long Way Up‘ seine Glaubhaftigkeit. Dabei rückt das Supportteam um Malik und Alaxanian nicht etwa in den Fokus, weil es so viele Problem gibt, sondern vielmehr, weil die Rivian (und die damit verbundenen Leistungen) Sendezeit brauchen. Nicht falsch verstehen. Ich mag die beiden Produzenten. Sind ebenso unterhaltsam und sympathisch, wie die beiden Biker, aber der Kern des Unterfangens wird so mehr und mehr ad absurdum geführt. Wenig Motorrad, viel Auto.

Zu gefährlich, lieber nicht mit dem Motorrad

Dieser Eindruck wird noch verstärkt, da die Idee der Motorradtour diverse Male durch – Bikes ins Flugzeug; Bikes in den Bus – unterwandert wird. Klar, es gibt immer Gründe. Einmal kann man einen bestimmten Landabschnitt nicht durchqueren – zu gefährlich – und entscheidet sich zu fliegen. Ein anderes Mal baut man einen alten Schulbus aus, um darin die Motorräder zu verstauen, bzw. diese über Nacht zu transportieren und zu laden, weil ansonsten: zu gefährlich. Klar, kann man machen, das Budget gibt es sicherlich her, aber es nimmt der ganzen Serie eben auch die dramatische Spannung und Fallhöhe.

 

Wenn man für jedes Problem einfach nur die Börse zückt und dann hat sich das, fehlt mir einfach die Verzweiflung der Protagonisten innerhalb einer, auf sich gestellten Situation.

So wirkt es am Ende wie eine Tour die man nur halbherzig fährt und einfach hinter sich bringen will. Weil man einen Deal mit Apple hat. Einen Deal mit Harley-Davidson. Einen Deal mit Rivian. Einen Deal mit Belfstaff. Und, und, und.

Große Klappe, nichts dahinter?

Somit war der dramatischste Moment der Serie bereits vor der Reise. Zwei Wochen vor dem Start waren weder die Rivians fertig, noch hatte der Bau der Ladestationen entlang der Strecke begonnen. Da konnte die optimistische Grundstimmung der US-Auto-Start-ups (‚Wir schaffen das!“) nicht wirklich gegensteuern. Für einen kurzen Augenblick lag das verzweifelte Gefühl des Scheiterns, bevor es überhaupt los ging, in der Luft. Dieser gewisse KTM Moment. Aber das war es dann auch. Der Rest lief wie geschmiert. Für meinen Geschmack war das etwas zu wenig. Aber gut, den Weg muss man dennoch erst einmal machen. Wir sprechen uns dann, wenn ich die Panamerica angehe und auf der Strecke verzweifelt nach ‚Rivian‘ rufe. Hört mich dann nur leider keiner. Hoffentlich nicht wegen dieses Textes.

Wie fandet ihr ‚LONG WAY UP‘?

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