Yamaha XT600Z Ténéré, Motorrad
Foto: T. Schäfer

Italien Calling: Unterwegs mit der Yamaha Ténéré XTZ 600 (1VJ) – Teil 1/2

in Hit the Road

Herbstferien. Frau und Kind sind eine Woche unterwegs. Okay, die Zeit will ich nutzen. Fernweh will bekämpft werden. Was mache ich? Wo geht es hin? Ein Beitrag im TV über die italienische Stadt Triest, dient als grobe Planungshilfe für die voraussichtlich letzte Motorradtour des Jahres.

Von Berlin zwischen Leipzig und Dresden hindurch, über die Grenze nach Tschechien, weiter in die österreichische Berglandschaft, durch Slowenien, schräg nach links an den östlichsten italienischen Zipfel. Knapp 1100 Kilometer One Way. Grober Plan. Richtig Bock. Wohlwissend, dass 7-Tage recht knapp bemessen sind. Muss ja auch noch zurück, denn die zweite Ferienwoche bin ich mit meiner Tochter am Start.

Triest, Italien
Screenshot: Google Maps

Wenig planen. Einfach losfahren.

Wie bereits diesen Sommer, als ich für das Dokumentarfilmprojekt „Adventure Daddys“ in 16 Tagen mit dem Motorrad um die Ostsee gefahren bin (demnächst mehr dazu an dieser Stelle), war ich auch für diesen Kurztrip gewillt, mit meiner blaugelben 1986er 1VJ zu fahren. Warum ich das so explizit erwähne? Nun, die Gute hatte sich über Monate nach dem Erwerb im Frühjahr, als recht zickig in puncto „gut anspringen“ erwiesen. Im Sommer ging es soweit,  dass ich mit einer 1992er BMW R 100 GS PD auf die Reise ging. Jeden Morgen beim Kickstarten verzweifeln und hoffen, wollte ich mir bei 6000 Kilometern und rund 400 km als Tagessatz, nicht antun. War eine gute Entscheidung, denn bis auf kurzzeitige Batterieprobleme und folglich notwendiger Muskelkraft, brachte mich die GS ohne Probleme um den großen Teich. 

Summer moved on. Die Ténéré nicht.

Nun war der Sommer auch schon gefühlt ewig her und weitere Problemlösungsstunden in die Ténéré geflossen, bis hin zu einem Aufenthalt bei Motoritz  nahe Gießen, der mir, neben ein paar Kleinigkeiten, den kompletten Vergaser neu aufbaute. Kaum wieder in Berlin, zickte die Maschine allerdings wieder. Zum Verzweifeln. Ein Tag vor der Abreise, auf dem Hof meines Schraubers, etliche Kickversuche,  war es das Drehen an der Gemischschraube, welches schlussendlich dazu führte, dass mein Vertrauen in die Maschine und deren Startkompetenz, langsam stieg. Sie ging an, lief rund, der Tour stand – im wahrsten Sinne – nichts mehr im Wege. 

Erste Herausforderung: Loskommen 

Yamaha XT600Z Ténéré, Motorrad
Endlich: Meine reisefertige Yamaha XTZ 600 Ténéré 1Vj – Foto: T. Schäfer

Los ging es an einem schönen Sonntag Mittag im Oktober. Eigentlich wollte ich bereits den Samstag als Starttermin, habe mich aber dann bewusst nochmal für einen Tag auf die Couch beordert. Bisschen in der leeren Wohnung entspannen, bevor es auf den Bock geht. Schön ausgeschlafen, ich hatte am Abend bereits gepackt, sollte es dann Sonntag Mittag losgehen. Zumindest bis an Motorrad. Irgendwie dauert es dann immer ewig, bis ich loskomme. Und ich muss gestehen, trotz aller Vorfreude, dass ich bis zum finalen Loskommen oft am hadern bin. Zuhause ist ja auch schön und eine Woche sturmfrei ohne Aufgaben, außer den selbst auferlegten. Hat was. Glücklicherweise bin ich aber niemand, der Vernunft als besonderes Merkmal sein Eigen nennt und so ist die Freude am Fahren immer größer, als die Lust am rumhängen. So ging es ans Werk. Mein Enduristan Equipment – Seitentaschen, Packrolle und Tankrücksack – fest verzurrt, Navi eingestellt, Helm, Handschuhe, zwei Kicks. Brumm, brumm. Italien, ich komme. 

Kurvenreich, statt Tempo, Tempo.

Ich hatte mich für diese Tour mal gegen mein Garmin Zumo XT oder Google Maps entschieden und auf Calimoto als Wegweiser gebaut. Spezifikationen: kurvenreiche Strecke ohne Autobahn und Mautstrecken. Ich wollte schließlich keine Kilometer abreißen, sondern den Weg als Gesamtes genießen. Der Fahrspaß sollte im Vordergrund stehen. Wobei es mir am Anfang, in den heimischen Gefilden, eigentlich nicht schnell genug weg gehen kann. Ich will auf einer Tour neue Eindrücke sammeln und nicht ständig auf alten Pfaden rumrollen, die ich zu Genüge kenne. Gut, ist eben so, wenn man in Berlin wohnt und gen Süden möchte. Da braucht es etwas um alles hinter sich zu lassen. Zeit für seine Gedanke oder die neueste Folge des Podcasts Apokalypse & Filterkaffee, während man durch die brandenburgische Landschaft tuckert.

 

Geruch von Benzin

Circa 60 Kilometer später, der erste außerplanmäßige Stopp. Mein Motorrad roch dermaßen krass nach Benzin, dass ich an einer kleinen Landstraße rechts ran fahren musste, um mal die Lage zu checken. Schnell war ersichtlich, der stete Benzinfluss auf der linken Seite half bei der Problem Findung, dass eine Schelle an einem Schlauch vom Benzinfilter, der zum Vergaser führte, leckte. Das Benzin lief in Strömen raus. Bedenklich, denn ich war bereits kurz vor Reserve und inmitten von Nichts. Kurz überlegt, dann die Schelle vom Filter, der fest am Schlauch hin, ans andere Ende verschoben und das Problem war gefixt.

Yamaha XT600Z Ténéré, Motorrad
Oben rechts: Keine Schelle, wo man sie braucht. – Foto: T. Schäfer

Wo ist der Flow liebe XTZ?

Mittlerweile war es um 16 Uhr, daher schaute ich schon mal grob nach dem machbaren Kilometern, die ich an diesem ersten Tag noch zu fahren hatte. Auf die 200km Tagesziel wollte ich schon noch kommen, um den Schnitt an den anderen Tagen nicht zu extrem hochfahren zu müssen. Bei insgesamt 2200 Kilometern Hin- und Rückweg in 7-8 Tagen lag da noch ’ne Menge vor mir. Eingehüllt in Benzingeruch ging es wieder auf die Strecke. Ich persönlich brauche immer ein bisschen, bis das imaginäre Gummiband reißt und einen nicht ständig zurück nach Hause ziehen will. Gedanken wie: „Du musst das nicht machen“, „es zwingt dich keiner“, „warum machst du den Scheiß eigentlich?“, streife ich nach und nach ab. Gleite langsam in den Flow. 

 Frage am Abend: Zelt oder Hotel?

Ein bis zwei Stunden bevor es dunkel wird – was hier so gegen 18.30 Uhr der Fall war – begann ich mich nach Unterkünften umzuschauen. Autark wie ich gerne bin, hatte ich zwar Zelt und Schlafsack dabei, entschied mich aber schon am ersten Tag, mir Abends den Luxus einer festen Behausung zu gönnen. Denn während ich bei spätherbstlichen Temperaturen startete, ging es bereits am zweiten Tage schon in den unteren zweistelligen, bis einstelligen Bereich. Regen und später in Österreich Schnee inklusive. Halte ich aus, muss ich aber Nachts nicht auch noch haben.

Eine warme Dusche, leckeres Abendessen, ein kuschliges Bett und morgens ein reichhaltiges Frühstück sind für mich mehr als nur reiner Luxus. Wichtige Faktoren, die dazu beitragen tagsüber fit und konzentrierter auf die Strecke zu kommen.

Sollte nicht die schlechteste Entscheidung auf der Tour gewesen sein, denn einige der Bergpassagen hatten es in sich. 

Yamaha XT600Z Ténéré, Motorrad, Hotel
Am Marktplatz in Pilsen: Nicht das erste Hotel auf meiner Reise, aber definitiv das Schönste. – Foto: T. Schäfer

 

Tag 3: Die Reise schon vorbei?

Langsam war ich drin in der Geschichte. Speziell Tschechien hat schon arg Spaß gemacht. Der Blick nach hinten – Stichwort: Gummiband – war der Freude auf das Kommende gewichen. Wettermäßig gab es zwar noch Spielraum – beständiger Nieselregen – aber an der natürlichen Umgebung, den abwechslungsreichen Bodenverhältnissen, von Asphalt zu Schotter, zu sandigen Waldwegen, gab es nichts zu meckern. Auch die Ténéré schnurrte wie ein Kätzchen und machte aufgrund einiger Modifikationen – neues Wilbers Federbein, progressive Gabelfedern – richtig Laune. Mein Vertrauen in die Maschine wuchs von Kilometer zu Kilometer. Ich war sozusagen im Flow, ganz im Reiseelement. Besser ging nicht. Nur schlechter, wie der Grip meines Hinterrades ein paar Kilometer vor der österreichischen Grenze. Komisch. Kurz angehalten und …… ein Platten.

Yamaha XT600Z Ténéré, Motorrad
Kurz vor der österreichischen Grenze: Ein Loch ist im Reifen, Karl August.

Mitten in der Pampa. Es war ja auch zu schön, um wahr zu sein. Was nun? Kurzes Nachdenken. Flicken krieg ich nicht hin. Also Handpumpe raus und Attacke. Irgendwie zur nächsten Tankstelle kommen, die glücklicherweise nur knapp 5 Kilometer entfernt war.

Doch bereits nach ein paar Meter mit der mühsam erfolgten Druckbetankung – zugeben auf niedrigem Niveau – fuhr ich bereits wieder auf dem blanken Schlauch. Fuck!

Aber es half nichts. Warnblinker an und langsam weiter. Daumen gedrückt, dass die Felge in Form bleibt. Tat sie. An der Tanke angekommen, blieb mir nichts anderes als den Reifen erneut aufzupumpen, da die anwesende Dame nicht den Eindruck machte, mir ernsthaft helfen zu können. Eine Werkstatt gab es in der Gegend auch nicht. Da musste ich rüber nach Österreich.

Pump up the Wheel

Nachdem das Hinterrad wieder aufgepumpt war, hatte ich die kleine Hoffnung, dass es sich nur um ein kleines Loch handelte. Ich war vor meinem Platten an dem Tag bereits 150 Kilometer gefahren, zumal nur auf auf Asphalt ohne mögliche krasse Herausforderungen oder Gefahrenquellen für den Reifen. Einen Nagel oder ähnliches konnte ich auch nicht als Schadensquelle ausmachen. Daher blieb die Hoffnung durch stetiges Aufpumpen genügend Luftpolster im Schlauch zu haben, um weiter Strecke gutzumachen. Zumindest, bis ich zu einer Werkstatt käme, die mir den Reifen flicken würde.

Zückte mein Handy und gab in der ADAC App die notwendigen Informationen für ein Rettungsszenario an. Nun hieß es warten.

Google machte mir da einige Hoffnung und bot bereits hinter der Grenze mehrere Optionen in der Suche an. Doch leider, wurde meine Hoffnung bereits nach weniger Kilometer zerstört. Das Problem war größer. Die Luft im Reifen immer weniger. Zudem die ersten zwei Anlaufpunkte zwecks Reparatur nicht besetzt oder nicht spezialisiert genug. So hielt ich ein paar Kilometer hinter der tschechischen Grenze in Niederösterreich vor einem Gemeindehaus. Zückte mein Handy und gab in der ADAC App die notwendigen Informationen für ein Rettungsszenario an. Nun hieß es warten.

Im Regen auf den ADAC warten

Idealerweise begann kurz darauf ein Sturzbachartiger Regenschauer, so dass ich mich unter dem Vordach des Gemeindehauses, vor dem ständig Eltern hielten, die ihre Kinder zum Musikunterricht brachten oder eben von jenem abholten, häuslich einrichtete, Kaffee kochte und auf den Rettungsdienst wartete. Parallel rief ich verschiedene, nahe gelegene Werkstätten an, um vorab zu checken, ob sie mein Problem zeitnah lösen könnten. Und was soll ich sagen, danke an RS Schalko, die mir – nachdem mich nach 2.5 Stunden Wartezeit der österreichische Automobil Club Fahrer dorthin fuhr – kurz vor Feierabend fix einen neuen Schlauch einzogen.

Übrigens: Der Grund des Plattfußes war banal und selbstverschuldet: Ein Riss im Schlauch am Ventil. Noob wie ich bin, hatte ich die kleine Stellmutter am Ventil zu fest gezogen, weswegen, und mit dazutun eines zu niedrigen Reifendrucks, das Ventil zu wenig Spiel hatte und in der Folge der Schlauch beschädigt wurde. Man lernt nie aus. Aber da die Tour weitergehen konnte, will ich mal nicht so hart mit mir ins Gericht gehen.

Teil 2 folgt in Kürze.

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